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Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder

Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder

In vielen Betrieben finden gerade Betriebsratswahlen statt. Ab einer gewissen Betriebsgröße betrifft das auch die Wahl von freizustellenden Betriebsratsmitgliedern. Das Gesetz sieht vor, dass Betriebsrat und Arbeitgeber sich vor der Freistellungswahl darüber austauschen, wer freigestellt wird. Aber welche Konsequenzen hat es, wenn eine solche Beratung nicht stattfinden? Diese Frage landete beim Bundesarbeitsgericht.

(BAG, Beschluss vom 22.11.2017 – 7 ABR 26/16)

Betriebsratsarbeit ist vielfältig und anspruchsvoll, kostet aber auch Zeit und Aufwand. Manchmal ist dies schwer mit der regulären Arbeit im Betrieb unter einen Hut zu bringen. Ein Betriebsratsmitglied kann sich zeitweise von seiner beruflichen Tätigkeit befreien lassen, wenn ein konkreter Anlass zur Durchführung von Betriebsratsaufgaben vorliegt und es deswegen erforderlich ist, dass das Mitglied der Arbeit fernbleibt.

Ab einer gewissen Größe des Betriebs sind Arbeitgeber verpflichtet, eine bestimmte Anzahl von Betriebsratsmitgliedern ganz von ihrer regulären Arbeit freizustellen, damit sie sich ausschließlich der Betriebsratstätigkeiten widmen können (§ 38 BetrVG). Wie viele Betriebsräte freizustellen sind, richtet sich nach der Anzahl der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei 200-500 Arbeitnehmern muss es mindestens ein freigestelltes Betriebsratsmitglied geben, bei 501-900 Arbeitnehmern zwei Freigestellte, bei 901-1500 Arbeitnehmern drei usw (§ 38 Abs. 1 BetrVG).

Ein freigestelltes Mitglied muss in geheimer Wahl gewählt werden (§ 38 Abs. 2 BetrVG). Das Gesetz spricht außerdem davon, dass dies „nach Beratung mit dem Arbeitsgeber“ geschehen soll. Um diese Beratung ging es nun in einem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht.

Keine Beratung bei der Wahl eines ersatzweise freigestellten Betriebsratsmitglieds

Gestritten wurde um die Frage, ob vor jeder Wahl zur Freistellung eines Betriebsratsmitglieds die in § 38 Abs. 2 BetrVG vorgeschriebene Beratung des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber stattfinden muss. Es ging insbesondere darum, ob die Freistellungswahl nichtig oder anfechtbar ist, wenn die Beratung nicht stattgefunden hat.

In dem Fall, über den das BAG zu entscheiden hatte, waren im Rahmen der Betriebsratswahl auch die freizustellenden Mitglieder gemäß § 38 Abs. 1 BetrVG gewählt worden. Eines der freigestellten Mitglieder widerrief seine Freistellung drei Monate später, um seine reguläre Arbeit wieder aufzunehmen. Ein anderes freigestelltes Mitglied war in der Zwischenzeit komplett aus dem Betriebsrat ausgeschieden. In der darauffolgenden Neuwahl der freigestellten Mitglieder wurde ein ersatzweise freizustellendes Betriebsratsmitglied gewählt. Eine Beratung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gem. § 38 Abs. 2 BetrVG hatte vor dieser Neuwahl jedoch nicht stattgefunden.

Drei Betriebsratsmitglieder, die ebenfalls auf der Wahlliste für die Freistellung gestanden hatten, aber nicht gewählt worden waren, beantragten beim Arbeitsgericht, die Wahl des ersatzweise freigestellten Mitglieds für nichtig oder unwirksam zu erklären.

BAG: Fehlende Beratung kein offensichtlicher und grober Verstoß gegen Wahlgrundsätze

Das Bundesarbeitsgericht entschied: Eine fehlende Beratung führt nicht zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der Wahl zur Freistellung.

Nichtig sei eine Wahl nur in besonderen Ausnahmefällen. Damit seien Fälle gemeint, in denen gegen allgemeine Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl so massiv verstoßen wurde, dass die Wahl nicht mehr gesetzmäßig erscheine. Der Verstoß müsse offensichtlich und besonders grob sein.

Dies sei hier nicht der Fall. Die Vorschrift über die vorherige Beratung mit dem Arbeitgeber (§ 38 Abs. 2 BetrVG) sei keine wesentliche Wahlvorschrift. Es ginge dabei lediglich darum, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, gegen die Freistellung bestimmter Mitglieder Bedenken äußern zu können. Es gehe also ausschließlich um einen Schutz der Belange der Arbeitgebers. Wenn der auf eine Beratung verzichten wolle, sei das sein gutes Recht.

Außerdem müsse der Betriebsrat sich ohnehin nicht danach richten, was der Arbeitgeber in der Beratung an Bedenken äußere. Der Arbeitgeber sei hinreichend durch die Möglichkeit des Einigungsstellenverfahrens geschützt. Die Beratung sei nur eine Konkretisierung des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (§ 2 Abs. 1 BetrVG) und ein Verstoß gegen sie kein grober Verstoß.

Praxistipp: Beratung durchführen, um Einigungsstellenverfahren zu vermeiden

Eine Beratung mit dem Arbeitgeber ist laut BAG also keine zwingende Voraussetzung für eine wirksame Wahl der freizustellenden Mitglieder. Dennoch ist eine Beratung sinnvoll, weil sie ein kostspieliges und aufwendiges Einigungsstellenverfahren verhindern kann. Unsere Empfehlung: Betriebsräte sollten lieber vorher das Gespräch suchen, um Bedenken aus dem Weg zu räumen und eine möglichst ausgewogene Lösung für Arbeitgeber und Betriebsrat herbeizuführen.

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