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Arbeitnehmerüberlassung

Was ist Arbeitnehmerüberlassung?

Arbeitnehmerüberlassung, auch „Leiharbeit“ oder „Zeitarbeit“ genannt, ist die Verleihung von Arbeitnehmern zu wirtschaftlichen Zwecken von einem Arbeitgeber (dem Verleiher) an einen anderen (den Entleiher). Das bedeutet konkret, dass ein Arbeitnehmer in ein anderes Unternehmen entsandt wird, um dort zeitweise zu arbeiten. Der Arbeitnehmer hat zwar einen Arbeitsvertrag mit dem Verleiher, arbeitet aber beim Entleiher. Im Unterschied zum herkömmlichen Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber stehen sich also nicht nur zwei Parteien gegenüber, sondern es gibt ein Dreiecksverhältnis.

Erlaubnispflicht

Unternehmer, die Arbeitnehmerüberlassung betreiben wollen, brauchen grundsätzlich eine Erlaubnis, die von der Bundesagentur für Arbeit erteilt wird. Die Erteilung der Erlaubnis wird von zahlreichen Voraussetzungen abhängig gemacht und kann unter anderem gemäß § 3 Abs. 1 AÜG versagt werden, wenn der Unternehmer nicht zuverlässig ist, d.h. insbesondere wichtige arbeitsrechtliche Vorschriften sowie die des Sozialversicherungsrechts nicht einhält oder andere Arbeitgeberpflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt.

Dienst- oder Werkvertrag in Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung – wo liegen die Unterschiede?

Sind fremde Arbeitnehmer im Betrieb tätig, kann dies entweder ein Fall von Arbeitnehmerüberlassung sein oder daran liegen, dass der Arbeitgeber mit einem anderen Unternehmer einen Werk- oder Dienstvertrag abgeschlossen hat. Welcher dieser Fälle vorliegt, ist in der Praxis oft nicht leicht zu entscheiden. Die Beantwortung dieser Frage hat aber maßgebliche Bedeutung für die Rechte und Pflichten der Vertragspartner.

Über die rechtliche Einordnung des Vertrags zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber entscheidet dabei der Geschäftsinhalt bzw. die tatsächliche Durchführung des Vertrages und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem tatsächlichen Geschäftsinhalt nicht entspricht. Die Vertragschließenden können das Eingreifen zwingender Schutzvorschriften des AÜG also nicht dadurch vermeiden, dass sie einen vom Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen.

Im Rahmen von Werk- oder Dienstverträgen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste (= Dienstvertrag) oder für die Herstellung des geschuldeten Werks (= Werkvertrag) gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht erfasst.

Nach der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts war demgegenüber Arbeitnehmerüberlassung dadurch gekennzeichnet, dass ein Verleiher einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung stellt, die voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach dessen Weisungen ausführen. Seit dem 01.04.2017 findet sich nunmehr in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG eine Definition des Begriffs Arbeitnehmerüberlassung, nach der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen werden, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen. Nach der Gesetzesbegründung soll die gesetzliche Definition lediglich die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze aufgreifen, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer überlassen wird. Bei einem genauen Blick fällt jedoch auf, dass das Bundesarbeitsgericht eine „volle“ Eingliederung in den Betrieb des Entleihers sowie die Ausführung der Arbeit „allein“ nach den Weisungen des Entleihers für das Vorliegen von Arbeitnehmerüberlassung verlangte. Die Worte „voll“ und „allein“ fehlen in der gesetzlich geregelten Definition, sodass sich die Anforderungen, unter denen Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, entgegen der Gesetzesbegründung doch geändert haben könnten. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte entscheiden werden.

Arbeitnehmerüberlassung ist nur befristet zulässig

Nach der Gesetzeslage bis zum 31.03.2017 sah § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG vor, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher „vorübergehend“ erfolgt. Da der Gesetzgeber den Begriff der vorübergehenden Überlassung nicht konkretisiert hatte, ergaben sich in der Praxis viele Streitfälle. Mit der Gesetzesänderung zum 01.04.2017 hat der Gesetzgeber die Höchstüberlassungsdauer nunmehr auf 18 Monate festgelegt. Abweichungen von dieser Höchstüberlassungsdauer können in Tarifverträgen oder unter bestimmten Voraussetzungen auch in Betriebsvereinbarungen vereinbart werden.

„Equal treatment“/ „Equal pay“-Grundsatz

Besonders zu beachten sind bei der Arbeitnehmerüberlassung der „Equal pay“- sowie der „Equal treatment“-Grundsatz, die in § 8 Abs. 1 AÜG geregelt sind. Danach müssen Verleiher den Leiharbeitnehmern für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen gewähren. Dies gilt insbesondere für den Arbeitslohn. Der Leiharbeitnehmer kann gemäß § 13 AÜG Auskunft darüber verlangen, wie die wesentlichen Arbeitsbedingungen der fest angestellten Arbeitnehmer im Betrieb aussehen. So kann er vergleichen, ob er tatsächlich gleich behandelt wird und gegebenenfalls einen entsprechenden Ausgleich geltend machen.

Regelungen in Tarifverträgen

Tarifverträge spielen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung eine sehr wichtige Rolle. Darin lassen sich diverse Bedingungen einer Arbeitnehmerüberlassung regeln. Insbesondere kann in einem Tarifvertrag für eine begrenzte Zeitdauer vom „Equal treatment“/ „Equal-pay“-Grundsatz abgewichen werden (§ 8 Abs. 2 AÜG). Die Vereinbarung eines abweichenden Lohns ist beispielsweise für neun Monate (vgl. § 8 Abs. 4 AÜG), unter bestimmten Voraussetzungen auch für 15 Monate zulässig.

Nur wenige Leiharbeitnehmer sind Mitglied in Gewerkschaften. Dementsprechend kommen Tarifverträge nur dann zur Anwendung, wenn diese im Arbeitsvertrag in Bezug genommen werden oder sie für allgemeinverbindlich erklärt werden. In diesen Fällen gelten alle Klauseln des Tarifvertrags für den Leiharbeitnehmer grundsätzlich so, als wäre er in einer Gewerkschaft und tarifgebunden.

Das Risiko der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung und Scheinwerk-/ Scheindienstverträge

In der Praxis ziehen es Arbeitgeber mit Blick auf die Pflichten und die möglichen Rechtsfolgen, die sich aus der Arbeitnehmerüberlassung ergeben können, vielfach vor, Tätigkeiten nicht im Wege der Arbeitnehmerüberlassung, sondern im Rahmen von Werk- oder Dienstverträgen an Dritte zu vergeben. Die externe Vergabe von Tätigkeiten so zu gestalten, dass es sich rechtlich auch tatsächlich um einen Werk-/ Dienstvertrag handelt, ist jedoch schwierig. In vielen Fällen werden die eingesetzten Arbeitnehmer sich doch an den Weisungen des Auftraggebers orientieren, um ihren Aufgaben nachzukommen. Ein Scheinwerk-/ Scheindienstvertrag liegt vor, wenn es sich bei dem Leistungserbringer oder dessen Verrichtungsgehilfen tatsächlich um einen weisungsgebundenen Arbeitnehmer handelt. Sind die von dem Dritten eingesetzten Mitarbeiter wie Leiharbeitnehmer in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert und unterliegen sie dessen Weisungen, handelt es sich um sog. verdeckte Arbeitnehmerüberlassung.

Eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung ist nach dem AÜG unzulässig und die auf ihr basierenden Entleihverträge damit unwirksam (vgl. § 9 Abs. 1 AÜG). Beschäftigt ein Arbeitnehmer die Fremdarbeitnehmer auf der Basis eines Scheinwerk-/ Scheindienstvertrags oder im Rahmen einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung, muss er mit weitreichenden zivilrechtlichen, sowie sozialversicherungs-, ordnungs- und steuerrechtlichen Konsequenzen rechnen. Die wohl bedeutendste arbeitsrechtliche Folge ist, dass zwischen dem Fremdarbeitnehmer und dem Auftraggeber ein Arbeitsverhältnis entsteht.

Seit der Reform des AÜG, die zum 01.04.2017 in Kraft getreten ist, gibt es unter anderem eine neue Kennzeichnungspflicht, die diese verdeckte Arbeitnehmerüberlassung verhindern soll: Der Vertrag zwischen dem Entleiher und dem Verleiher muss nunmehr eindeutig als „Arbeitnehmerüberlassungsvertrag“ gekennzeichnet sein. Haben die Vertragsparteien den Vertrag nicht entsprechend gekennzeichnet, liegt aber tatsächlich Arbeitnehmerüberlassung vor, kann dies die vorstehend beschriebenen Rechtsfolgen nach sich ziehen, insbesondere ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer begründen. Diese Rechtsfolge konnten die Vertragsparteien nach der Gesetzeslage bis zum 31.03.2017 dadurch verhindern, dass derjenige, der Arbeitnehmer bei einem Dritten eingesetzt hat, über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt. Diese Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung führte dazu, dass es unerheblich war, ob die Parteien einen (Schein-) Werk-/ Dienstvertrag abgeschlossen haben oder sich ausdrücklich auf eine Arbeitnehmerüberlassung geeinigt haben. In jedem Fall „rettete“ sie die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis vor für sie negativen Rechtsfolgen. Dies ist nun nicht mehr möglich.

Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher?

Streikbrecher sind Arbeitnehmer, die nicht an einem Streik teilnehmen. Um den Streik einer Gewerkschaft zu stören, kommt es daher nicht selten vor, dass Arbeitgeber zusätzliche Arbeitskräfte als Streikbrecher engagieren. Seit der Gesetzesänderung mit Wirkung zum 01.04.2017 ist es Arbeitgebern untersagt, hierfür Leiharbeitnehmer einzusetzen (vgl. § 11 Abs. 5 AÜG).

Rechte des Betriebsrates beim Einsatz von Leiharbeitnehmern

§ 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG stellt klar, dass der Betriebsrat des Entleihers vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung im Entleiherbetrieb nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist. Weitere Rechte des Betriebsrates des Entleiherbetriebes ergeben sich u.a. aus § 80 Abs. 2 BetrVG (Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers im Zusammenhang mit den Aufgaben des Betriebsrates) und aus § 92 BetrVG (Personalplanung). Darüber hinaus erstreckt sich die Regelungsbefugnis des Betriebsrates auch hinsichtlich einzelner mitbestimmungspflichtiger Tatbestände nach § 87 BetrVG auf Leiharbeitnehmer.