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Betriebsverfassungsrecht

Wahl des Betriebsrats

Die Arbeitnehmer eines Betriebs können unter bestimmten Voraussetzungen einen Betriebsrat wählen, der ihre Interessen gegenüber ihrem Arbeitgeber vertritt und sich für eine vertrauensvolle betriebliche Atmosphäre einsetzt. Vorschriften über die Betriebsratswahl finden sich in §§ 1, 7-20 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz (WO).

Ein Betriebsrat kann in jedem Betrieb mit mehr als 5 ständig wahlberechtigten Arbeitnehmern gewählt werden. Von diesen 5 Arbeitnehmern müssen mindestens 3 wählbar sein. Gewählt wird nach § 13 BetrVG alle 4 Jahre. Wählen kann grundsätzlich jeder Arbeitnehmer, der das 18. Lebensjahr vollendet hat. Dazu zählen auch die Ausgebildeten oder die Heimarbeiter, die hauptsächlich für den Betrieb arbeiten. Nicht wählen dürfen leitende Angestellte und freie Mitarbeiter. Leiharbeitnehmer dürfen hingegen wählen, wenn sie länger als 3 Monate im Betrieb eingesetzt werden. Gewählt werden können grundsätzlich alle Arbeitnehmer, die auch wählen dürfen, sofern sie länger als 6 Monate im Betrieb beschäftigt sind.

Die Größe des Betriebsrats hängt von der Größe des Betriebs ab: § 9 BetrVG sieht für einen Betrieb mit 51 bis zu 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern etwa vor, dass der Betriebsrat aus 5 Mitgliedern bestehen soll. Die Kosten der Wahl trägt der Arbeitgeber.

Ob die Wahl ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, kann anhand einer Wahlanfechtung gerichtlich überprüft werden. Eine Wahl kann immer nur 2 Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses angefochten werden.

Geschäftsführung des Betriebsrats: Vorsitzender, Stellvertreter, Betriebsausschuss

Sind die Betriebsratswahlen vorüber und ist ein neues Gremium im Amt, muss die anstehende Betriebsratsarbeit geplant und organisiert werden. Darunter fallen etwa die Entgegennahme von Arbeitnehmeranträgen sowie die Vorbereitung beabsichtigter Beschlüsse und Betriebsratssitzungen. Die Geschäftsführung des Betriebsrats ist in den §§ 26-41 BetrVG geregelt.

Der Betriebsrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Der Vorsitzende vertritt den Betriebsrat nach außen und ist für den Arbeitgeber der zentrale Absprechpartner. Verfügt der Betriebsrat über 9 oder mehr Mitglieder, werden die laufenden Geschäfte über einen Betriebsausschuss geführt. In Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern können weitere Ausschüsse gebildet werden.

BR/GBR/KBR

Arbeitnehmer können auf unterschiedlichen Ebenen mitbestimmen: Auf Betriebsebene sind ihre Interessen im Betriebsrat zu berücksichtigen, auf Unternehmensebene im Gesamtbetriebsrat (GBR) und auf Konzernebene im Konzernbetriebsrat (KBR).

Gibt es in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte, muss auch ein GBR zu errichtet werden (vgl. § 47 Abs. 1 BetrVG). Im Unterschied zu Betriebsräten werden die Mitglieder des GBR nicht durch unmittelbare Wahl bestimmt, sondern durch die einzelnen Betriebsräte nach § 47 Abs. 2 BetrVG entsendet, wenn keine Änderungen nach § 47 Abs. 4-6 BetrVG vorgenommen wurden: Jeder Betriebsrat mit bis zu drei Mitgliedern entsendet eines seiner Mitglieder bzw. jeder Betriebsrat mit mehr als drei Mitgliedern zwei seiner Mitglieder in den GBR. Für die Stimmengewichtung im GBR ist auf die in der betrieblichen Wählerliste eingetragene Zahl der Arbeitnehmer am Tag der Stimmenabgabe der letzten Betriebsratswahl abzustellen. Deren Stimmen werden nach § 47 Abs. 7 S. 2 BetrVG anteilig auf die in den GBR entsandten Mitglieder verteilt.

Nach § 54 Abs. 1 BetrVG kann für einen Konzern durch Beschlüsse der einzelnen Gesamtbetriebsräte ein KBR errichtet werden, eine Pflicht dazu besteht jedoch nicht. Gibt es in einem Konzernunternehmen nur einen Betriebsrat, entsendet dieser direkt in den KBR (vgl. § 54 Abs. 2 BetrVG). Jeder GBR entsendet zwei seiner Mitglieder nach § 55 Abs. 1 BetrVG in den KBR. Jedem der entsandten Mitglieder stehen die Stimmen der Mitglieder des entsendenden GBRs zur Hälfte zu (vgl. § 55 Abs. 3 BetrVG).

Gibt es in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte sowie eine GBR und einen KBR, stellt sich schließlich die Frage: Wer ist in welcher Mitbestimmungsangelegenheit überhaupt zuständig? Da eine Betriebsvereinbarung, die mit dem unzuständigen Gremium abgeschlossen wird, unwirksam ist, ist die Ermittlung des richtigen Verhandlungspartners sowohl für die Betriebsratsseite als auch für die Arbeitgeberseite besonders wichtig!

Im Regelfall ist der örtliche Betriebsrat zuständig ist. Der GBR ist nur dann zuständig, wenn die Voraussetzungen des § 50 BetrVG vorliegen, es sich also um eine Angelegenheit handelt, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betrifft und die nicht durch einzelne Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden kann.  Das ist beispielsweise der Fall, wenn neue Entlohnungsmethoden eingeführt werden sollen und es sich um ein unternehmensübergreifendes einheitliches Vergütungssystem handelt. Der KBR ist wiederum zuständig, wenn eine Angelegenheit nicht durch die Gesamtbetriebsräte der einzelnen Unternehmen geregelt werden können.

Amtszeit: Restmandat/Übergangsmandat

Wird ein Betrieb stillgelegt, gespalten und/oder mit anderen Betrieben zusammengelegt, endet grundsätzlich die Amtszeit des Betriebsrats.

Gemäß § 21b BetrVG steht dem Betriebsrat jedoch noch ein Restmandat zu: Der Betriebsrat kann auch über das Ende seiner Amtszeit hinaus mit der Auflösung des Betriebs zusammenhängende Rechte gegenüber dem Inhaber des Ursprungsbetriebs wahrnehmen. Darunter fällt insbesondere, mit dem Arbeitgeber einen Interessenausgleich abzuschließen oder einen Sozialplan auszuhandeln. Das Restmandat ist zeitlich nicht beschränkt.

Vom Restmandat ist das Übergangsmandat nach § 21a BetrVG zu unterscheiden. Dabei handelt es sich um ein zeitlich befristetes Vollmandat. Anders als bei einem Restmandat kann der Betriebsrat in vollem Umfang über seine Beteiligungsrechte verfügen. Darunter fallen unter anderem der Abschluss von Betriebsvereinbarungen, die Durchführung von Betriebsversammlungen und die Betreibung von Einigungsstellenverfahren. Das Übergangsmandat beginnt mit dem Übergang der Leitungsmacht auf den Inhaber des neu gebildeten Betriebs und endet nach § 21a Abs. 1 S. 3 BetrVG, sobald in den Betriebsteilen ein neuer Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekannt gegeben worden ist, jedoch im Regelfall spätestens sechs Monate nach Wirksamwerden der Betriebsspaltung. Durch Betriebsvereinbarung kann das Übergangsmandat um maximal weitere sechs Monate verlängert werden. Der Betriebsrat ist nach § 21 Abs. 1 S. 2 BetrVG verpflichtet, Wahlvorstände zu bestellen und damit in der neuen Einheit unverzüglich Betriebswahlen einzuleiten.

Mitbestimmung in:

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gliedern sich in soziale, personelle und wirtschaftliche Angelegenheiten auf.

1. Sozialen Angelegenheiten

Das BetrVG enthält einen abschließenden Katalog über soziale Angelegenheiten in § 87 BetrVG. Davon umfasst sind unter anderem Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb sowie die Lage der Arbeitszeit.

2. Personellen Angelegenheiten

In Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung oder Versetzung zu unterrichten (vgl. § 99 BetrVG). Der Betriebsrat muss bei personellen Einzelmaßnahmen zustimmen, damit diese wirksam sind. Unter bestimmten Voraussetzungen kann er die Zustimmung verweigern. Das ist etwa der Fall, wenn die Versetzung eines Arbeitnehmers an einen anderen Arbeitsplatz gegen die Vorgaben eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung verstößt. Dabei muss der Betriebsrat beachten, dass er die Zustimmung innerhalb einer Woche dem Arbeitgeber schriftlich und begründet mitteilen muss, ansonsten gilt die Zustimmung als erteilt. Hat der Betriebsrat seine Zustimmung erfolgreich verweigert, kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung ersetzen zu lassen.

Ist dies aus sachlichen Gründen dringend geboten, kann der Arbeitgeber ausnahmsweise die personelle Maßnahme vorläufig, also entweder bevor der Betriebsrat sich geäußert oder nachdem er die Zustimmung verweigert hat, durchführen (vgl. § 100 BetrVG). Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber mit, dass er die vorläufige Durchführung nicht für dringend geboten hält, kann der Arbeitgeber die vorläufige Maßnahme nur aufrecht erhalten, wenn er innerhalb von 3 Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung sowie die Feststellung beantragt, dass die personelle Maßnahme doch dringend geboten war.

Der Betriebsrat selbst ist vor personellen Maßnahmen durch § 103 BetrVG besonders geschützt: Die außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds bedarf der Zustimmung des Betriebsrats. Der Arbeitgeber kann zwar auch in diesem Fall die Zustimmung gerichtlich ersetzen lassen, jedoch sind daran hohe Anforderungen zu stellen

3. Wirtschaftlichen Angelegenheiten

In Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 beschäftigten Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden (vgl. § 106 BetrVG). Dieser ist in diversen wirtschaftlichen Angelegenheiten vom Arbeitgeber umfassend und rechtzeitig zu unterrichten. Darunter fallen etwa die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens, die Verlegung oder auch insbesondere der Zusammenschluss oder die Spaltung von Betrieben.

Durchsetzung von betriebsverfassungsrechtlichen Rechten

In vielen Situationen kann es zu Konflikten zwischen Arbeitgeberseite und Betriebsrat und auch zwischen den verschiedenen Betriebsräten kommen. Die Betriebsräte müssen in diesem Fall die Möglichkeit haben, ihre ihnen zustehenden Rechte ordnungsgemäß durchzusetzen. Für den Arbeitgeber hingegen, muss es möglich sein, sich gegen die Durchsetzung nicht bestehender Rechte zu wehren.

Zur Durchsetzung gibt es mehrere Möglichkeiten:

1. Einigungsstelle

Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat kann gem. § 76 BetrVG eine Einigungsstelle ins Leben gerufen werden. Die Einigungsstelle besteht aus Beisitzern von Betriebsrats- und Arbeitgeberseite, sowie aus einem unparteiischen Vorsitzenden, bei dessen Ernennung beide Seiten mitgewirkt haben.

Die Einigungsstelle kann gem. § 76 Abs. 5 BetrVG durch Antrag von einer Seite eingerichtet werden. In diesem Falle entscheidet sie durch Spruch, wenn eine gütliche Beilegung der Streitigkeit scheitert. Sie kann allerdings auch gemäß § 76 Abs. 6 BetrVG  auf beidseitigen Antrag tätig werden. Dies nennt sich dann freiwilliges Verfahren und die Einigungsstelle entscheidet in diesem Falle nur durch Spruch, wenn die Parteien sich dem Spruch im Voraus unterworfen haben oder ihn im Nachhinein annehmen.

Die Kosten der Einigungsstelle hat gemäß § 76 a Abs. 1 BetrVG der Arbeitgeber zu tragen.

2. Beschlussverfahren

Eine weitere Möglichkeit, Rechte des Betriebsrates durchzusetzen und kollektivrechtliche Streitigkeiten innerhalb eines Betriebes niederzulegen, ist es, ein Beschlussverfahren einzuleiten. Das Beschlussverfahren wird im Vergleich zum regulären Urteilsverfahren in der Arbeitsgerichtsbarkeit nicht mit einem Urteil, sondern mit einem Beschluss beendet.

Um in einem solchen Beschlussverfahren Rechte durchzusetzen gibt es einige Ansprüche und Handlungsmöglichkeiten. Nachfolgend einige Beispiele:

a. Unterlassungsanspruch, 23 Abs. 3 BetrVG

Wenn ein Arbeitgeber gegen Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstößt, hat der Betriebsrat einen Unterlassungs- bzw. Handlungsanspruch aus §23 Abs. 3 BetrVG. Er kann damit verlangen, dass der Arbeitgeber seinen Pflichten nachkommt und pflichtwidriges Verhalten unterlässt.

b. Anspruch auf Durchführung von Betriebsvereinbarungen

Wird eine Betriebsvereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geschlossen, besteht ein Anspruch auf Durchsetzung dieser.

c. Zustimmungsersetzungsverfahren (§99, § 103 BetrVG)

Wenn der Betriebsrat zu einer personellen Maßnahme des Arbeitgebers seine Zustimmung verweigert, kann der Arbeitgeber gerichtlich eine Ersetzung dieser Zustimmung beantragen. Dies nennt sich Zustimmungsersetzungsverfahren.

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Auflösung des BR/ Ausschluss von Mitgliedern aus dem BR

In gewissen Fällen können Mitglieder aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden oder sogar der gesamte Betriebsrats aufgelöst werden.

Verletzen einzelne Betriebsratsmitglieder  oder alle Betriebsratsmitglieder Pflichten, die nicht auf einem gemeinsamen Beschluss des Betriebsrats berufen, kann gem. § 23 Abs. 1 BetrVG  ein Ausschlussverfahren gegen den Pflichtverletzenden eingeleitet werden. Dieses kann auch vom  Betriebsrat selbst eingeleitet werden. Die verletzte Pflicht muss sich aus der Amtsstellung als Betriebsratsmitglied ergeben. Wird der Ausschluss rechtskräftig beschlossen, erlischt die Mitgliedschaft des jeweiligen Betriebsratsmitglieds im Betriebsrat, als auch in allen anderen betriebsverfassungsrechtlichen Gremien.

Soll der Betriebsrat hingegen gerichtlich nach § 23 Abs. 1 BetrVG aufgelöst werden, benötigt es eine grobe Pflichtverletzung des Betriebsrats als Organ. Der Betriebsrat muss als Ganzer seine gesetzlichen Pflichten auf grobe Weise verletzt haben. Diese Pflichtverletzung muss dabei so gravierend sein, dass die weitere Amtsausübung des Betriebsrats untragbar scheint.  Wird letztendlich beschlossen, dass ein Betriebsrat aufzulösen ist, hört der Betriebsrat kraft Gesetzes auf zu bestehen und seine Amtszeit endet.

Ordnungswidrigkeiten und Straftaten

Mit der Betriebsratstätigkeit ist in gewissen Fällen auch das Risiko verbunden, bei Pflichtverletzungen auch Strafbarkeiten oder Ordnungswidrigkeiten zu erfüllen.

In §119 BetrVG ist beispielsweise festgelegt, dass eine Behinderung der Wahl des Betriebsrates oder des Betriebsrates in seinen Tätigkeiten oder eine Benachteiligung eine Betriebsratsmitgliedes aufgrund seiner Tätigkeiten, gegebenenfalls strafbar sein kann. Diese Norm richtet sich an jeden: Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Betriebsräte, Externe, etc. Korruption, Bevorzugungen und Benachteiligungen sollen hiermit verhindert werden können.

Zudem kann betriebsverfassungsrechtlich eine Strafbarkeit vorliegen, wenn ein Betriebsrat gem. § 120 BetrVG gegen Verschwiegenheits- und Geheimhaltungsplichten verstößt.

Weiterhin können sich für den Betriebsrat auch aus den allgemeinen Strafgesetzen Strafbarkeitsrisiken ergeben, die ihm bei seiner Tätigkeit stets bewusst sein sollten. Darunter fallen beispielsweise wirtschaftsrechtliche Strafbarkeiten.

Um genauer über diese Risiken aufzuklären und Verstößen vorzubeugen, ist es ratsam, im Unternehmen das Thema Compliance im Detail anzugehen.